Wir bieten Ihnen an dieser Stelle eine oft sehr kurze Zusammenfassung von Nachrichten aus Afrika, insbesondere aus Kenia, die uns helfen sollen, die Lage und Entwicklung hier besser zu verstehen.

Wo möglich, sind die die Einzelinformationen mit den Originalnachrichten verlinkt. So haben Sie die Möglichkeit, sich ausführlicher mit dem jeweiligen Thema auseinander zu setzen.


28.03.2023:

Ein hochinteressanter, spannender Artikel aus Spektrum der Wissenschaft, beschreibt die Situation des Volkes der El Molo am Ufer des Turkanasees im Nordwesten Kenias.

(Zum besseren Verständnis ist vorab eine Information über den Turkanasee empfehlenswert, etwa auf https://de.wikipedia.org/wiki/Turkana-See)

 

Hier ist der Beginn des Artikels, der gesamte (bebilderte) Beitrag ist unter der am Ende angegebenen Internetadresse zu finden.

 

El Molo: Das Fischervolk der schwarzen Wüste geht unter

Seit jeher leben die El Molo vom Turkanasee. Doch nun wird der Fisch rar, und das Wasser steigt in ihre Hütten. Was übrig bleibt, begehren Fremde auf der Flucht vor der Klimakrise. Unsere Autorin hat das Fischervolk besucht.

von Alina Schadwinkel

© Spektrum der Wissenschaft / Alina Schadwinkel (Ausschnitt)

Lange Zeit nutzten die El Molo ausschließlich selbst gebaute Flöße. Seit einigen Jahren jedoch besitzen sie auch ein Motorboot, das nicht nur den Fischern auf ihren Ausfahrten, sondern auch den Kindern als Schultaxi zugutekommt.

 

Wer hier lebt, ist zäh. Schwarzgraues Geröll liegt inmitten krümeligen Basalts auf aschgrauem Staub. Kaum ein Baum, kaum ein Grashalm ist in Sicht. Vulkangestein dominiert die Landschaft bis zum Flimmern am Horizont, hinter dem sich der Turkanasee erstreckt. Der größte Wüstensee der Erde lockt Tiere und Menschen an. »In ihm lebt der Gott des Wassers. Doch obwohl wir ihn ehren, ist er uns nicht mehr wohlgesinnt«, sagt Julius Loyok Akolong.

Akolong gehört zu den El Molo, einer von Kenias kleinsten Volksgruppen. Seit Jahrtausenden leben sie am Turkanasee, wo die Temperaturen bis zu 45 Grad Celsius erreichen. Genau genommen leben sie von ihm: vom Salzwasser, seinen Fischen, seiner Vegetation. Seit jeher ist das jadefarbene Nass ihre Lebensgrundlage. Doch während es immer weniger El Molo gibt, gibt es immer mehr See. Ein ernsthaftes Problem, sogar für ein Fischervolk.

Bis etwa 2010 sah es so aus, als würde der Turkanasee austrocknen. Seither hat er sich um mehr als zehn Prozent ausgedehnt und rund 800 Quadratkilometer Land überflutet. Das erschwert den Fischfang, hat Süßwasserleitungen zerstört, Grabstätten überflutet und Krokodile, Schlangen und anderes Getier näher an die Behausungen gebracht, als den Bewohnern lieb ist. Und dann sind da noch die Fremden, die sich an den Ufern des Sees niederlassen, um in Zeiten anhaltender Dürre zu überleben.

Zum Beispiel im Städtchen Loiyangalani. »Als ich ein Junge war, gab es hier bloß eine Hand voll Hütten«, sagt der 39-jährige Akolong, Fischer und Tourguide, während er durch die Siedlung läuft. Aufwirbelnder Staub verklebt die Nase, die Luft ist so heiß, dass die Atemwege brennen. Nicht die El Molo, sondern die Turkana haben Loiyangalani in den 1960er Jahren gegründet, nachdem sich herumgesprochen hatte, dass es nahe dem Salzsee inmitten der Wüste eine beständige Süßwasserquelle gibt. Loiyangalani bedeutet »ein Ort mit vielen Bäumen«. Von denen wachsen dort kaum noch welche. Sie wurden abgeholzt für Bauten und Feuerholz.

Auf ausgedörrtem Grund stehen die Behausungen aus gebeugten Palmblättern und straff gespannten Plastikplanen. Man lässt sich nieder, wo Platz ist. Hier und da sorgt ein Akazienbaum für Schatten, ein Funkmast für Handyempfang. »Es gibt mittlerweile Lebensmittelläden, eine Schneiderei und Geschäfte mit Dingen, ohne die wir El Molo lange ausgezeichnet zurechtkamen«, sagt Akolong. »Doch unsere Kinder, auch meine beiden Söhne, und die Leute, die herziehen, möchten mehr.«

 

© Spektrum der Wissenschaft / Alina Schadwinkel (Ausschnitt)

Guter Fang | Der Fischer Mikini Losing'kwe ist zufrieden mit dem Fisch des Tages, aber er weiß: »Es gibt größere in diesem See.« Weil das Wasser steigt, wird es bloß immer schwieriger, sie mit traditionellen Methoden zu fangen.

 

 

 

 

 

Unbedingt weiterlesen unter
http://www.spektrum.de/news/el-molo-das-fischervolk-der-schwarzen-wueste-geht-unter/2081112

(Achten Sie darauf, dass sich dort bei manchen Fotos mit einem Pfeil nach rechts weiter blättern lässt.)

 



Dieser Text erschien in der Süddeutschen Zeitung vom 28.03.2022:

Wetterextreme "Wir stehen am Rande einer Katastrophe"

Foto: Brian Inganga/AP: Die vierzig Ziegen dieses Bauern in Kenia sind durch die Dürre verhungert.

Unbeachtet von der Welt droht in Ostafrika eine Hungersnot, bedingt durch die längste Dürre seit Jahrzehnten.

Von Bernd Dörries

 

"Das Land war praktisch leer und still, kein Vieh in Sicht", sagt Tomsom Phiri. Früher hätte es auf dem Hof im Norden Kenias vor Tieren nur so gewimmelt, bis zu 300 Schafe, Kamele, Ziegen und Rinder habe die kleine Hirten-Familie gehabt. Nun sei alles weg, schreibt der Mitarbeiter des Welternährungsprogrammes nach einem Besuch. Die Dürre in ganz Ostafrika sei verheerend "und wird wahrscheinlich noch schlimmer werden". Am Horn von Afrika herrscht derzeit eine der schlimmsten Dürren seit vier Jahrzehnten, drei Regenzeiten nacheinander sind ausgefallen, Frauen und Kinder müssen immer längere Strecken zurücklegen, um überhaupt noch an Wasser zu kommen, Wege von täglich 15 Kilometern sind keine Seltenheit mehr. Weil kein Wasser für die Felder mehr da ist, sind die Ernten um bis zu 87 Prozent zurückgegangen. In Äthiopien, Somalia und Kenia haben rund 14 Millionen Menschen nicht ausreichend zu essen, die Hälfte davon sind Kinder.

Mehrere Millionen Menschen sind auf der Suche nach Wasser auf der Flucht, eine Zahl, die noch deutlich ansteigend könnte, weil Meteorologen davon ausgehen, dass die bald beginnende Regenzeit wieder spärlich ausfallen könnte. In vielen Regionen verenden massenhaft Tiere, das Einkommen vieler Familien ist auf Jahre hin zerstört. Besonders betroffen ist derzeit Somalia. "Wir stehen heute in Somalia vor einer Reihe von harten Wahrheiten", sagt Javier Rio Navarro von ECHO Somalia, einer Nothilfeorganisation der Europäischen Union. "Die Folgen der Dürre sind katastrophal und stellen eine sehr reale Gefahr einer Hungersnot im Lande dar. Die andere Wahrheit ist, dass die Kapazitäten der Partner überfordert sind und dass zusätzliche Mittel nur schwer zu beschaffen sind."

Noch vor fünf Jahren konnten humanitäre Organisationen eine mögliche Hungersnot abwenden, indem sie die Gemeinden in schwer zugänglichen Gebieten rechtzeitig mit Hilfsgütern versorgten. Dieses Mal fehlen Geld und Nahrung. "Wir stehen definitiv am Rande einer Katastrophe", sagte Rein Paulsen, Direktor für Notfälle und Widerstandsfähigkeit bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). "Die Zeit läuft uns davon."

Seit Oktober 2020 sind drei Regenzeiten ausgeblieben

Normalerweise gibt es in den Ländern am östlichen Horn von Afrika zwei Regenzeiten im Jahr - eine "kurze" von Oktober bis Dezember und eine lange Saison von März bis Mai. Seit Oktober 2020 sind drei aufeinanderfolgende Regenzeiten ausgeblieben, und für März bis Mai werden erneut unterdurchschnittliche Niederschläge vorhergesagt. "Wir sehen hier ganz klar eine Folge des Klimawandels", sagt Gianfranco Rotigliano, der Repräsentant von Unicef in Äthiopien. Die Einwohner am Horn von Afrika seien Dürren durchaus gewohnt - nur nicht in so kurzen Abständen.

Eine Dürre über vier aufeinanderfolgende Regenzeiten hat es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1920 nicht gegeben. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Trockenperioden in Ostafrika auch mit La Niña zusammenhängen, einem globalen Wettermuster, Gegenstück zu El Niño, das etwa alle drei bis fünf Jahre auftritt und dessen Auswirkungen durch den Klimawandel noch verstärkt werden können. In La-Niña-Jahren kühlt sich das Ozeanwasser im östlichen Pazifik ab. Dadurch ist die Meeresoberfläche im westlichen Pazifik wärmer, die Luft über einer Region bei Indonesien erwärmt sich, steigt auf und strömt westlich bis nach Ostafrika. Dort trifft sie auf Luft, die aus der entgegengesetzten Richtung vom Atlantik kommt, und sinkt ab. Dadurch wird es in Ostafrika trocken und heiß, zudem entsteht eine Art Barriere für einströmende Feuchtigkeit aus dem Indischen Ozean.

Die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen werden vom Krieg in der Ukraine noch verschärft. Die Aufmerksamkeit vieler Spender liegt nicht auf Afrika. Die Kämpfe in Osteuropa haben wichtige Exportrouten für Weizen und Sonnenblumenöl lahmgelegt. Bis zu 90 Prozent des importierten Weizens in Ostafrika kamen bisher entweder aus Russland oder aus der Ukraine. Die Weizenpreise sind seit der Invasion um 80 Prozent gestiegen, überall ist das Brot bereits teurer geworden. In Äthiopien, durch den Bürgerkrieg ohnehin von einer hohen Inflation gebeutelt, die viele Familien an den Rand des Ruins bringt, sind die Preise für Sonnenblumenöl um mehr als 200 Prozent gestiegen. Eine Besserung ist nicht in Sicht, die Preise werden wohl weiter steigen. Hilfe für Ostafrika ist im Rest der Welt nicht besonders weit oben auf der Prioritätenliste.

"Das Trauma ist real, und die Menschen leiden im Stillen", sagte Jane Meriwas, Bäuerin und Gründerin des Samburu Women Trust auf einer Konferenz in Kenia. "Wir sollten nicht die Augen verschließen und sagen, dass Afrika nicht leidet, und uns auf die Ukraine konzentrieren. Wir sollten vor dieser Krise nicht die Augen verschließen, denn wir sind alle gleich."


Neue Freihandelszone große Chance für Afrika (ARD Studio Nairobi, 31.12.2020)

Am 1. Januar 2021 startete die innerafrikanische Freihandelszone - mit 54 Ländern die größte der Welt. 90% der Zölle sollen wegfallen.

Der Handel zwischen den afrikanischen Staaten war und ist schwierig: Waren über die Grenzen zu bringen ist zeitraubend und teuer, es gibt einen Flickenteppich an Handelsregeln und Zöllen. Das führt zu langen Wartezeiten an den Grenzen, einem endlosen Papierkrieg, immer wieder wird Schmiergeld verlangt. Die Hürden zwischen afrikanischen Ländern sind höher als solche zwischen Afrika und dem Rest der Welt.

Jetzt soll alles besser werden: Die 54 afrikanischen Staaten mit 1,2 Milliarden Menschen sollen am Ende des Prozesses einen Binnenmarkt bilden. Doch das Projekt startet erst, der Weg bis zum Ziel ist noch weit. Es gibt starke reaktionäre Kräfte, die vom bisherigen System profitieren. Jedoch sind die Chancen gewaltig: es entstehen ein riesiger Markt, eine Menge neuer Jobs. Afrika kann wirtschaftlich aufholen und seine Abhängigkeit vom Rest der Welt verringern. Durch den Freihandel könnten 30 Millionen Afrikaner den Weg aus der Armut schaffen.

Am notwenigen Ausbau der Infrastruktur wird bereits gearbeitet: Kenia baut auf Lamu einen riesigen Containerhafen.

(Wikipedia: Lamu ist eine flache, etwa 12 × 6 km große Sandinsel mit Mangrovenbuchten vor der Küste Kenias im Indischen Ozean.)

Die Insel soll ein internationaler Logistikknotenpunkt werden. Mit dem Hafen, einer neuen Eisenbahnlinie und neuen Straßen solle eine neue Transportachse für Ostafrika entstehen. So soll der afrikanische Kontinent in den globalen Welthandel besser integriert werden.

Die Planung des Projekts liegt bei chinesischen Ingenieuren. So baut hier das Reich der Mitte ein weiteres Großprojekt für Afrika. China weiß, wie wichtig der afrikanische Markt ist und wie viel wichtiger er noch werden wird.